Ausbeutung in der Baumwollproduktion und „faire“ Siegel
Ein Paar Jeans - wir alle haben sie wohl in unserem Kleiderschrank liegen - stets ein treuer Begleiter und nicht umsonst das beliebteste Kleidungstück weltweit. Doch die Produktion des Klassikers hat ihren Preis: Baumwolle, aus der unsere Lieblingsjeans gemacht sind, gilt als die wichtigste Naturfaser in der Textilindustrie. Ihre Verarbeitung zieht allerdings erschreckende Bedingungen nach sich, so verbraucht die Produktion von Baumwolle 25% der weltweiten Pestizide. Der massive Einsatz von Pflanzengiften kontaminiert vielerorts das Grundwasser. In manchen Produktionsländern enden die Gifte schlussendlich sogar im Trinkwasser.
Die Baumwollproduktion ist aber nicht nur eine Umwelt-, sondern auch eine humanitäre Katastrophe. 75% der weltweiten Baumwollernte wird in Entwicklungsländern produziert, in denen Hungerlöhne und Zwangsarbeit an der Tagesordnung sind. Krankheiten und ein stetiger Überlebenskampf sind die Folge davon und bestimmen den Alltag der meisten Bauern. Auch Kinderarbeit ist auf vielen der Plantagen traurige Realität - allein in Usbekistan werden jedes Jahr 1,4 Millionen Kinder gezwungen, zur Erntezeit Baumwolle auf den Feldern zu pflücken. Und das nur, um den Bedürfnissen unserer westlichen Konsumgesellschaft gerecht zu werden.
Wir als VerbraucherInnen können mit einem bewussten Konsum zu einer Verringerung der Ausbeutung beitragen. Glücklicher Weise wächst dieses Bewusstsein und die damit verbundene Nachfrage nach sozial-ökologisch hergestellter Kleidung.
Aber woran können wir überhaupt festmachen, ob unsere Jeans sozial und ökologisch vertretbar produziert wurde?
Mittlerweile gibt es eine Reihe an Siegeln und Labels, die „fair“ produzierte Kleidung kennzeichnen. Diese laufen allerdings alle unter unterschiedlichen Standards, denn: der Begriff „fair“ ist bisher nicht rechtlich geschützt. Somit ist „fair“ nicht gleich „fair“. Wie aber behalten VerbraucherInnen den Überblick, hinter welchem Siegel sich Ausbeutung und unfaire Arbeitsbedingungen verbergen und hinter welchem nicht?
Die internationale Dachorganisation des Fairen Handels (WFTO) hat Grundsätze und Prinzipien erstellt, nach denen Fairer Handel gemessen werden kann.
Darin sind unter anderem enthalten:
- Mindestpreise für Rohstoffe, welche die Produktionskosten decken und ein existenzsicherndes Einkommen gewährleisten
- angemessene Bezahlung und Gesundheitsschutz für die PlantagenarbeiterInnen
- das Einhalten von nationalen und internationalen Arbeitsschutznormen, darunter fällt auch ein Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit
Die ILO (International Labour Organisation) hat ebenfalls Kernarbeitsnormen aufgestellt, die als Richtlinie für viele der Siegel und Labels dient.
Unter diese Normen fallen:
- die Beseitigung von Zwangsarbeit
- die Abschaffung der Kinderarbeit, sowie
- ein Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
Siegel, die diese Richtlinien befolgen, sind damit als nachhaltig und „fair“ definiert.
Drei Beispiele dafür sind:
IVN Siegel
Das Siegel „Best“ vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) garantiert 100% ökologisch zertifizierte Naturfasern, sowie ausgezahlte Mindestlöhne für die ArbeiterInnern. Der IVN und seine Siegel richten sich außerdem nach den ILO-Kernarbeitsnormen bei der Weiterverarbeitung von Baumwolle.
GOTS:
Auch das Label GOTS (Global Organic Textile Standard) verspricht die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Weiterverarbeitung der Baumwolle. 70% der Naturfasern sind aus einer kontrollierten biologischen Ernte. Der Labelzusatz „organic“ garantiert dies dann für 95% der verwendeten Fasern. Die sozialen und ökologischen Standards sind bei IVN BEST
Höher, als bei GOTS.
Fairtrade Cotton:
Bei den Fair-Trade Siegeln sind die sozialen und ökologischen Standards deutlich höher, als bei den ILO-Kernarbeitsnormen. Der Fair-Trade Standard deckt die vollständige Produktions- und Handelskette ab. Fairtrade Cotton fördert einen „fairen“ und „nachhaltigen“ Biobaumwollanbau und beinhaltet zusätzlich einen Fairtrade-Mindestpreis für die Produkte und eine Prämie für Gemeinschaftsprojekte der ArbeiterInnen.
Habitus Tipp:
Im Durchschnitt arbeiten etwa 25 ZwangsarbeiterInnen für uns als VerbraucherIn.
Diese erschreckende Bilanz zog die Organisation „Made in a Free World“. Mit dem „Slavery Footprint“ Test kannst du online in wenigen Schritten herausfinden, wie viele Menschen durch deinen Konsum ausgebeutet werden. Die Macher des Tests geben auch interessante Nebeninformationen zur Herstellung und Verarbeitung der Produkte, und wie wir unseren Konsum bewusster gestalten können, um weniger auf Kosten anderer Menschen zu leben.
Quellen:
https://www.fairekleidung.com/siegel-und-begriffe-html.html
https://www.ilo.org/berlin/arbeits-und-standards/kernarbeitsnormen/lang--de/index.htm
https://www.fairtrade.de/index.php/mID/3.3.1/lan/de
http://www.umweltinstitut.org/fragen-und-antworten/bekleidung/anbau-von-baumwolle.html